Schloß Dyck 1945 – Ein Schloß wird zum Kunstschutz-Depot

Kunstschätze aus den Central Collections Points in München und Marburg sowie weiteren Depots werden ins Rheinland gebracht.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte ein Ende der Kämpfe und auch ein Ende der Luftangriffe, aber auch die Frage, wie es weitergehen würde. Kam der Ehemann, Bruder oder Vater zurück? Wie sollte es weitergehen? Wie kam man an das Lebensnotwendige? Das Überleben stand an erster Stelle. Doch auch andere Dinge mussten organisiert werden.

Die englische Militärregierung beispielsweise hatte in Schloß Dyck in der Zeit von 1945 bis etwa 1950 Kunstschätze gelagert. Ob sich darunter ein Rubens oder vielleicht sogar ein echter Rembrandt befanden, versuchte der damalige Jüchener Archivar Thomas Wolf 2001 zu ermitteln. Dies konnte allerdings nicht eindeutig nachgewiesen werden, weil die Listen des Kunstdepots nicht auffindbar waren. Fest stand jedoch, dass im Kunstdepot Millionenwerte untergebracht waren. Warum die Wahl auf Schloss Dyck fiel, kann nur vermutet werden. Wahrscheinlich spielte sowohl die zentrale Lage zwischen den Städten Mönchengladbach, Köln und Düsseldorf als auch die Unversehrtheit des Schlosses eine Rolle. Außer dem Südwestflügel, der durch eine Bombe und einen Blindgänger bei einem Angriff am 20. Mai 1943 erheblichen Schaden genommen hatte, war das übrige Schloss im Krieg kaum beschädigt worden. In den Großstädten sah die Lage anders aus.

Die Rückführungen der Kulturgüter nach Kriegsende waren ein komplexer Prozess, der mehrere Jahre andauerte. Grund dafür waren zum einen die teils zerstörten oder stark beschädigten Museen und Privathäuser, welche vor der Auslagerung Objekte beherbergten, zum anderen bürokratische Hürden.[1]

Schon mit den Invasionsplänen von 1943 war die Suche nach Kunstwerken und deren Sicherung durch die amerikanischen Truppen vorbereitet worden. Die Amerikaner hatten sogar innerhalb des Hauptquartiers der alliierten Invasionstruppen eine Abteilung für den Kulturgüterschutz eingerichtet. Die Abteilung MFAA (Monuments, Fine Arts and Archives), ein freier Stab von wenigen Offizieren im niederen Rang ohne eine Truppenzugehörigkeit, sollte die Kunstwerke aufspüren und schützen. Da noch keine Sammellager existierten, gaben sie die Kunstwerke zunächst in lokale Sicherung.

Im Herbst 1944 hatten die ersten Offiziere, die der sich langsam von Frankreich nach Osten verschiebenden alliierten Frontlinie folgten, deutschen Boden erreicht. Die amerikanischen Offiziere George Leslie Stout und Walker Hancock erhielten bei ihrem Aufenthalt im kriegszerstörten Aachen Kenntnis von einem großen Kunstgutlager in einem ehemaligen Eisenerzbergwerk bei Siegen. Bei ihrer Besichtigung des Hainer Stollens Anfang April 1945 entdeckten die beiden Offiziere in einem separaten und bewachten Raum fast 600 Gemälde, hunderte Plastiken und weitere Objekte, die durch die vorherrschende hohe Luftfeuchtigkeit schon durch Schimmel angegriffen waren. Zur Sicherung der Kunstwerke beschlossen Stout und Hancock, diese so schnell wie möglich zu evakuieren. Weil ihnen dies jedoch aufgrund des noch anhaltenden Kriegsgeschehens nicht sofort möglich war, setzten sie ihre Inspektionsreise fort.

Nach einer Zwischenstation in Marburg trennten sich ihre Wege. Während Stout nach Süden weiterfuhr, wandte sich Hancock nach Osten und entdeckte am 29. April 1945 in einem Kalibergwerk in Bernterode neben Kunstwerken die preußischen Kronjuwelen, die Militärstandartensammlung sowie die Sarkophage Friedrichs des Großen, Friedrich Wilhelms I., des ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und seiner Frau Gertrud. Um den Bestand nicht als politische Trophäe in die Hände der Sowjetunion fallen zu lassen, in deren Besatzungszone sich das Bergwerk befand, ordnete die amerikanische Militärregierung die sofortige Evakuierung an. Als letzte Maßnahme transferierte man die vier Sarkophage aus dem Bernteroder Depot in der geheimen „Operation Bodysnatch“ in die Marburger Elisabethkirche, während die Militärstandarten als politische Beute nach Amerika gingen.[2]

Im Mai 1945 richtete Walker Hancock in Marburg die erste Kunstsammelstelle der Nachkriegszeit in Deutschland, den Marburg Central Collecting Point, auch Marburg Central Art Collecting Point genannt, ein.

Walker Hancock in den 1960er Jahren[3]

Diese Kunstsammelstelle richtete die US-Militärregierung in der Universitätsstadt Marburg ein, um die vor und während des Zweiten Weltkriegs aus Museen, Bibliotheken, Archiven, Schlössern usw. geraubten oder evakuierten Kunstgüter zusammenzutragen und den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben. Die Sammelstelle existierte zwischen Mai 1945 und Mitte August 1946.[4]

Transportfahrzeuge der alliierten Truppen im Innenhof des Staatsarchivs Marburg.

© Bildarchiv Foto Marburg / Foto: unbekannt; Aufn.-Datum: 1946 – Rechte vorbehalten; Fotokonvolut: Central Collecting Point Wiesbaden/Marburg & Making of
https://www.bildindex.de/document/obj20329091?medium=fmla940_27

Bereits am 9. Mai 1945 kamen die ersten Objekte aus dem Depot Bernterode in Marburg an und der Central Collecting Point nahm seine offizielle Tätigkeit auf. Ausschlaggebend für die Wahl der mittelhessischen Universitätsstadt waren mehrere Faktoren: So lag Marburg in der amerikanischen Besatzungszone, verhältnismäßig nah an weiteren mittlerweile bekannten Depots im mitteldeutschen Raum und wies nur geringe Kriegsschäden auf. Schon im April 1945 hatte Hancock zudem auf seiner Inspektionstour durch Hessen und Thüringen in der Stadt drei für diese Zwecke geeignete Gebäude registriert: Das Gebäude der Universität, das Marburger Schloss sowie das erst 1938 eingeweihte Staatsarchiv. Dort richtete Hancock nach seiner Rückkehr unmittelbar nach der bedingungslosen Kapitulation sein Büro ein.[5]

Alliierte Sammelstellen (Rauten) und größere Kulturgüter-Depots der amerikanischen (dunkelgrau), britischen (hellgrau) und französischen (grau) [6]

Wichtigstes Ziel der Amerikaner im Collecting Point war die Restitution (Wiederherstellung von Eigentumsverhältnissen an Kunstwerken) der zusammengetragenen Bestände, bei denen sie vorrangig Raubgut vermuteten. Deshalb kamen Kunstschutz-Vertreter wie der Belgier Raymond Lemaire, die Amerikanerin Edith Standen und die Französin Rose Valland nach Marburg und sichteten die Kunstwerke auf Verdachtsfälle. Doch im Gegensatz zu den Erwartungen, überall in Deutschland auf geraubte Objekte zu stoßen, traten in Marburg scheinbar nur wenige derartige Objekte zutage. Insgesamt circa 200 Werke, darunter der Schatz der Kathedrale von Metz, gelangten aus verschiedenen Depots nach Marburg und konnten den ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben werden oder wurden zur weiteren Untersuchung nach Wiesbaden verbracht. In Marburg konnte jedoch aufgrund Personal- und Zeitmangels keine aktive Provenienzrecherche betrieben werden, so dass eventuell von Museen oder Privatpersonen während des Nationalsozialismus zu Unrecht erworbene Objekte unentdeckt blieben.

Der größte Teil der über 4.000 Kunstobjekte, mehr als 14.000 Bücher und 17.500 Regalmeter Aktenmaterial stammte wohl aus deutschen Museen, Kirchen, Archiven oder Privatsammlungen, darunter aus verschiedenen Berliner und rheinländischen Kollektionen, wie aus dem Essener Museum Folkwang, der Kunsthalle Düsseldorf usw.

Nachdem sich herauskristallisiert hatte, dass das Staatsarchiv nicht die notwendige Kapazität für die Lagerung der noch zu erwartenden Lieferungen besaß und die Separierung der Objekte an verschiedenen Standorten in Hessen (in den Collecting Points in Marburg und Wiesbaden, dem Offenbach Archival Depot und dem Depot Bad Wildungen) aus Sicherheits- und Personalgründen nicht ratsam schien, entschieden sich die für Hessen zuständigen Offiziere für eine Zusammenlegung der Kunstsammelstellen in Wiesbaden. Ab dem Frühjahr 1946 transferierte man daher Objekte aus Marburg in das Museum Wiesbaden, in welchem die US-Militärregierung unter dem Kunstschutz-Offizier Walter Farmer eine weitere Kunstsammelstelle eingerichtet hatte und welches eine größere Lagerfläche bot. Parallel verbrachte man diejenigen Objekte nach Düsseldorf und in das Schloss Dyck, die die Amerikaner widerrechtlich aus der britischen Besatzungszone evakuiert hatten. Dies betraf vor allem die Objekte aus dem Siegener Erzbergwerk.[7] Kunstwerke, die zunächst nicht in die zerstörten rheinischen Museen in der britischen Besatzungszone zurückkehren konnten, wurden in das von den Briten eingerichtete Kunstdepot auf Schloß Dyck überführt.[8]

Vorher war das rechtsrheinische Siegen für die Amerikaner schnell zu einem ersten Sammellager mit Besichtigungsbetrieb geworden.[9]

Vermauertes Mundloch des Hainer Stollens in Siegen[10]

Hier hatte das nationalsozialistische Regime im Osthang des Siegbergs, einen jahrhundertealten, später ausgebauten Eisenerzstollen von 1944 bis 1945 dafür benutzt, um wichtige Kunstschätze, unter anderem aus rheinischen Kirchen und Museen vor Kriegseinwirkungen zu schützen.[11] Eine Kunstausstellung für die amerikanischen Soldaten wurde im Stollen eingerichtet, wie Filmaufnahmen der amerikanischen Wochenschau belegen.

Ein US-Soldat mit der Krone des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. In seiner rechten Hand: Das Reichszepter. In der Linken: Der Reichsapfel. Zwischen seinen Oberschenkeln hält der junge Offizier auch noch das Schwert des Kaisers, dessen prächtiger goldener Griff ihm bis zum Brustkorb ragt. [12]

Aus Siegen erfolgte am 26. Mai 1945 beispielsweise die Rückführung des Aachener Domschatzes, zu dem auch der Karlsschrein mit den Gebeinen Karls des Großen gehörte[13], nach Aachen. Eingelagerte Gemälde und andere Bestände gelangten dann Anfang Juni in die Zentrale Sammelstelle in Marburg.[14]

Mitarbeiter beim Verladen der Kunstwerke aus dem Depot Siegen.
© Bildarchiv Foto Marburg / Foto: unbekannt; Aufn.-Datum: 1946 – Rechte vorbehalten; Fotokonvolut: Central Collecting Point Wiesbaden/Marburg & Making of
https://www.bildindex.de/document/obj20329127?medium=fmla940_19

Auch auf Schloss Homburg gab es ein Depot. Reste von hier gelagerten rheinischen Kunstschätzen wurden im Sommer/Herbst 1945 von den Engländern zur weiteren Rückführung nach Schloss Dyck gebracht.[15] Auch aus dem Central Collection Point München kamen Werke nach Dyck.[16] So befanden sich darunter auch Werke von Lucas Cranach d. Ä. und dem flämischen Maler Jan van Eyck.

Liste von Kunstwerken, die von München nach Schloß Dyck geschickt wurden[17]

Ebenfalls sollen Kunstschätze auch aus den Schlössern Canstein, Alme, Rheydt und Adolfsburg nach Dyck gebracht worden sein.[18] Ein Kunstwerk, welches zeitweise auf Schloß Dyck gelagert wurde, ist die über 1000 Jahre alte „Goldene Madonna“ aus dem Essener Domschatz die aus dem ehemaligen Erzbergwerk bei Siegen über Marburg hierhin kam.[19] Auch Kunstschätze aus Kölner Museen sollen hier temporär gelagert worden sein.[20]

Ein weiteres Depot hatte sich in Warstein befunden. So berichtete Carl Wilkes[21] am 20. Oktober 1945 an Theodor Wildeman[22]: „In der vergangenen Woche habe ich auf Weisung der [britischen] Militärregierung die mir anvertrauten Bergungsgüter restlos aus Warstein nach Schloss Dyck verbracht.“ Das Bergungsgut galt nicht als beschlagnahmt, sondern unterstand lediglich der Aufsicht der Besatzungsbehörde. Diese war grundsätzlich damit einverstanden, die verschiedenen geborgenen Gegenstände ihren Eigentümern (Kirchen, Städten und Privateigentümern) zurückzugeben, sofern eine sachgemäße Unterbringung der Gegenstände gewährleistet war. Konnte für eine solche nicht gesorgt werden, so sollten die Kunstgegenstände unter sachgemäßer Aufsicht und Pflege in einem der Sammeldepots (Schloss Dyck, Schloss Hugenpoet [bei Essen]) untergebracht und vorläufig für den Eigentümer aufbewahrt werden.[23]

Neben den Amerikanern und Franzosen hatten auch die Briten für ihre Besatzungszone ein zentrales Kunstgutlager eingerichtet. Dieses wurde durch Erlass der britischen Militärregierung als Zonal Fine Arts Repository am 28. August 1945 in Celle gegründet. Das Kunstgutlager Schloss Celle war von 1945 bis 1958 das zentrale Kunstgutlager in der britischen Besatzungszone. Hierher gelangten alle auf dem Gebiet der britischen Besatzungszone in den Grenzen der Demarkationslinie vom 30. Juni 1945 beschlagnahmten verschleppten Kunstgegenstände. Am 29. November 1949 übernahm das Land Niedersachsen die Verantwortung für das Kunstgutlager. Neben dem Central Collection Point für die britische Zone in Celle wurden unter anderem in Düsseldorf und auf Schloß Dyck Kunstgüter-Depots eingerichtet. Neben Beständen aus Berlin und Mecklenburg-Schwerin beherbergte Schloss Celle zudem eine kleine Restitutionsabteilung, aus der insgesamt 112 Gemälde an deren ursprüngliche Eigentümer zurückgegeben wurden. In Celle spielte Restitution jedoch im Gegensatz zu Schloss Dyck, das vorwiegend für die Unterbringung von Raubkunst bestimmt worden war, eine eher untergeordnete Rolle.[24]

Der Leiter des Sammeldepots auf Schloß Dyck war von 1945 bis 1948 der Kunsthistoriker Karl vom Rath[25] Vom Rath hatte Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie und Psychologie in Köln, Berlin und Bonn studiert, 1938 folgte die Promotion. 1941/42 erhielt er ein Stipendium am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. 1942 war er Assistent am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Paris. Nach seiner Zeit im Depot Dyck arbeitete er als Kulturreferent und Regierungsrat im Kultusministerium von Schleswig-Holstein. Ende September 1950 wurde er von der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung zum Kulturdezernenten gewählt. Diesen Stadtratsposten hatte er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Magistrat 1970 inne.[26]

Zu den Kunstgütern, die eine Zeit lang auf Schloß Dyck gelagert wurden, gehörte auch der Essener Domschatz. Die zum Domschatz zählende Goldene Madonna wird auf die Zeit um 980 datiert und ist die älteste vollplastische Skulptur nördlich der Alpen und die älteste erhaltene Marienfigur. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Goldene Madonna mit dem übrigen Domschatz zunächst nach Warstein und dann auf die Albrechtsburg in Meißen evakuiert. Von dort war auch sie nach Siegen gebracht worden, wo auch der Kölner Domschatz mit dem Gerokreuz, der Siegburger Kirchenschatz mit dem Annoschrein, dem Schatz der Xantener Stiftskirche und die Kirchenschätze aus Elten und Vreden versteckt worden waren. Bei Kriegsende gelangte alles über Marburg in das Kunstdepot Schloss Dyck. Von Schloß Dyck aus wurden mehrere Ausstellungen wie z.B. 1947 in der Kölner Universität, aber auch im benachbarten Ausland bestückt. Von April bis Juni 1949 war die Goldene Madonna das Glanzstück einer Ausstellung in Brüssel, die danach bis Oktober noch in Amsterdam gezeigt wurde. Im Anschluss kehrte die Skulptur nach Essen zurück, zunächst, bis die kriegszerstörte Schatzkammer der Münsterkirche wieder aufgebaut war, in einen Tresor der Stadtsparkasse. Seitdem hat sie die Stadt nicht mehr verlassen.[27]

Die Goldene Madonna aus dem Essener Domschatz[28]

Nach dem Krieg wurde auch der Kunsthändler Adolf Wüster (1888-1973), der schon vor dem ersten Weltkrieg begonnen hatte, ein französisch-deutsches Kunsthandelsnetzwerk aufzubauen[29], über den Verbleib von Kunstwerken befragt. Er berichtete aus seiner Erinnerung über Kunstwerke, die er insbesondere während seines langjährigen Aufenthalts erworben und die über das Museum Düsseldorf nach Schloß Dyck gebracht worden sein sollen.[30]

Liste von Adolf Wüster über auf Schloß Dyck gelagerte Kunstgegenstände[31]

Darunter soll sich ein Landschaftsbild von Sisley, ein Seebild von E. Boudin, eine Landschaft mit einem Jungen von Courbet, ein Bild mit zwei jungen Mädchen von Roeslein, ein Pastell von Degas, ein Gemälde eines jungen Mädchens mit Handarbeit von Liotard in Pastell, ein Pastell von zwei Schwestern von Renoir, ein Blumenbildnis von de Heem, ein Landschaftsgemälde von Everdingen und ein musizierendes Mädchen von Kraus befunden haben.[32]

Von den Kunstwerken, die sich darüber hinaus auf Schloß Dyck befunden haben sollen, konnten einzelne Werke identifiziert werden. Dazu gehörte ein Portrait einer stickenden Frau in Pastell mit einer Größe von 65cm x 50cm des Malers Liotard, welches unter anderem mit der Nummer Dyck 435 versehen war.

Portrait einer stickenden Frau in Pastell des Malers Liotard[33]

 Das Bild wurde von den Kunstsammlungen der Stadt Düsseldorf für 500.000 Franc oder 25.000 Reichsmark erworben. Anfang Oktober 1949 wurde es von Düsseldorf nach Frankreich zurückgebracht. Heute befindet sich das Bild im Louvre in Paris. Ein weiteres Gemälde eines unbekannten Malers mit der Darstellung einer Vase mit Blumen auf einem Sockel trägt auf der Rückseite ein Etikett mit der Aufschrift in Tinte: „A. de Wüster“. Dieses Gemälde wurde ebenfalls auf Schloss Dyck gelagert und dort unter der Nummer 983 registriert. Am 5. Oktober 1950 wurde es mit der fünften Lieferung von Düsseldorf nach Frankreich in die Zentrale der künstlerischen Bergungskommission zurückgeführt. 1951 wurde es der Abteilung für Gemälde im Louvre zugeführt und kam 1957 ins Museum für Kunst und Archäologie des Périgord in Périgueux. [34] 

Vase mit Blumen auf einem Sockel – unbekannter Maler[35]

Ein anderes Gemälde, welches Thomas Couture (1815-1879) zugeordnet wird, wurde am 13. Februar 1941 für das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Wuppertal-Elberfeld bei Victor Aubry in Paris für 50.000 Franc erworben.  

Vase mit Pfingstrosen – von Thomas Couture[36]

Das Gemälde wurde während des deutschen Zusammenbruchs nach Schloss Dyck und im Mai 1945 in den Central Collecting Point Wiesbaden transportiert. Im August 1948 wurde es nach Frankreich zurückgeführt. 1950 der Gemäldeabteilung des Louvre-Museums zugeschrieben, wurde das Gemälde 1953 im Museum von Montauban deponiert und schließlich 1986 an das Musée d’Orsay in Paris überstellt.[37] 

Zeichnung eines Frauenkopfes – Adolph Menzel[38]

Die Zeichnung eines Frauenkopfes von Adolph Menzel erscheint auf der “Liste der in Frankreich von den Kunstsammlungen der Stadt Düsseldorf erworbenen Kunstwerke” mit dem Vermerk: “Verkauft für einen Wert von 20.000 Francs von Renand”. Die Zeichnung wurde vermutlich nach 1941 von der Spedition Schenker aus Paris an das Düsseldorfer Museum geschickt. Am 22. September 1948 wurde es aus Düsseldorf von der Spedition Schenker nach Frankreich zurückgebracht und war Teil einer Serie von Zeichnungen, die mit der Bezeichnung “Schloss Dyck” (Château de Dyck, Central Collecting Point de Düsseldorf) gekennzeichnet war. 1951 wurde es dem Louvre-Museum, Kabinett der Zeichnungen, zugewiesen und 1986 in die Obhut des Musée d’ Orsay gegeben.[39] 

Adriaen van de Venne, Selbstportrait, ca. 1615-1618[40]

Welche kuriosen Wege Kunstwerke zurücklegten, wird am Beispiel des Selbstportraits von Adriaen van de Venne deutlich. Besitzer des Selbstportraits waren unter anderem Leopold II., König von Belgien bis 1909, die Galerie Franz Kleinberger in Paris ab 1910, die das Bild für 3.000 Franc an Adolphe Schloß verkaufte. Das Bild ging weiter an die Ehefrau von Adolphe Schloß und ihre Kinder. Vom 19. bis 20. August 1938 wurde das Bild nach Château de Chambon verlegt, wo es von der SS und der französischen Gestapo beschlagnahmt und am 16. April 1943 von den französischen Vichy-Behörden übernommen wurde. Nach verschiedenen Transporten durch Frankreich gelangte das Bild schließlich am 2. Dezember 1943 in den Führerbau München. Aus dem Führerbau wurde das Werk von Unbekannten gestohlen. Vom 29. bis 30. April 1945 wurde es im Alten Botanischen Garten in München versteckt. Etwa 1945-1946 wurde das Gemälde von Ulrich Toepser entdeckt und nach Barntrup in Nordrhein-Westfalen verlegt. Von britischen Beamten wurde es am 27. Dezember 1946 nach Schloss Dyck bei Bedburdyck gebracht. Am 14. August 1947 wurde es an den Central Collecting Point in München übergeben und am 21. Januar 1948 an die Schloß-Erben übertragen. 1951 wurde es in Paris für 340.000 Franc an die Galerie Hoogendijk in Amsterdam versteigert, ging nach 1952 in eine Privatsammlung in die USA, war danach von 2010 bis 2021 in einer anderen Privatsammlung in den USA und wurde schließlich mit Unterstützung der VriendenLoterij der Rembrandt Association und Herrn H.B. van der Ven erworben.[41] Heute befindet sich das Kunstwerk im Kunstmuseum Mauritshuis in Den Haag.

Zahlreiche vormals auf Schloss Dyck deponierte Kunstgüter sind auf der Seite „https://www.pop.culture.gouv.fr/“ des französischen Kultusministeriums dokumentiert.

Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

[1] Heyer/de Peyronnet-Dryden, „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz, 2022, S. 449
[2] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Munich_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 9.58 Uhr)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Walker_Hancock (21.1.2024, 19.09 Uhr)
[4] https://www.wikiwand.com/de/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.00 Uhr)
[5] https://www.wikiwand.com/de/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.00 Uhr)
[6] Heyer/de Peyronnet-Dryden, „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz, 2022, S. 531
[7] https://www.wikiwand.com/de/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.00 Uhr)
[8] Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland: Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, S. 463, Verlag Böhlau, Köln, 2020
[9] https://www.wikiwand.com/de/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.00 Uhr)
[10] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.45 Uhr)
[11] https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Siegen_Hainer-Huette_Stollenmundloch_1.jpg#mw-jump-to-license (12.3.2023, 00.49 Uhr)
[12] https://www.karl-heupel.de/dokuwiki/lib/exe/fetch.php?cache=&media=grubenlampen:karbidlampen:schweisfurth:hainer_stolln:hainer_stolln_us_soldat.jpg (21.1.2024, 19.38 Uhr)
[13] https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Siegen_Hainer-Huette_Stollenmundloch_1.jpg#mw-jump-to-license (12.3.2023, 00.49 Uhr)
[14] https://www.wikiwand.com/de/Marburg_Central_Collecting_Point (12.3.2023, 00.00 Uhr)
[15] Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland: Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, S. 445, Verlag Böhlau, Köln, 2020
[16] https://www.archivportal-d.de/item/W4JO3C7PA277GAZBXQGFDL6ETM7UDDEW (9.8.2022, 21.14 Uhr)
[17] Bundesarchiv, B 323-542-0021
[18] Heyer/de Peyronnet-Dryden, „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz, 2022
[19] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Goldene_Madonna (9.8.2022, 21.24 Uhr)
[20] https://rp-online.de/nrw/staedte/neuss/den-schloss-geheimnissen-auf-der-spur_aid-18415907 (29.4.2023, 16.12 Uhr)
[21] Dt. Archivar (* 21. April 1895 in Nickenich; † 2. November 1954 in Düsseldorf); https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Wilkes (21.1.2024, 15 Uhr)
[22] Dt. Architekt, deutscher Baubeamter und Denkmalpfleger (* 17. Oktober 1885 in Bonn; † 25. Juni 1962 ebd.); während der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs, als der Provinzialkonservator Franz Graf Wolff-Metternich Kriegsdienst in Frankreich leistete, organisierte Wildeman den Schutz der rheinischen Kulturdenkmäler und die sichere Einlagerung des beweglichen Kulturguts; https://de.m.wikipedia.org/wiki/Theodor_Wildeman (21.1.2024, 14.50 Uhr)
[23] Heyer/de Peyronnet-Dryden, „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz, 2022, S. 449
[24] https://www.academia.edu/38406532/Neue_Forschungen_zum_Kunstgutlager_Schloss_Celle_pdf (21.1.2024, 21.56 Uhr)
[25] Heyer/de Peyronnet-Dryden, „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz, 2022
[26] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_vom_Rath (21.1.2024, 20.50 Uhr)
[27] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Goldene_Madonna (12.3.2023, 10.06 Uhr)
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Madonna (21.1.2024, 20.58 Uhr)
[29] Anna-Jo Weier (29/11/2021) – WÜSTER Adolf (DE) – http://agorha.inha.fr/detail/168; https://agorha.inha.fr/detail/168 (12.3.2023, 18.04 Uhr)
[30] www.fold3.com/image/269948027 (12.3.2023, 11.35 Uhr)
[31] https://www.fold3.com/image/269947720 (12.3.2023, 11.34 Uhr)
[32] www.fold3.com/image/269948027 (12.3.2023, 11.35 Uhr)
[33] Sammlung Rose Valland (MNR-Jeu de Paume), Referenz REC00128, https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/REC00128?mainSearch=%22Schlo%C3%9F%20Dyck%22&last_view=%22list%22&idQuery=%223fb771-e725-f688-2e61-d403f18575e%22 (11.3.2023, 14.16 Uhr)
[34] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/MNR00737 (12.3.2023, 17.20 Uhr)
[35] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/MNR00737 (12.3.2023, 17.20 Uhr)
[36] https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Fichier:Mus%C3%A9e_Ingres-Bourdelle_-_Vase_de_pivoines_-_Thomas_Couture_MID_53-2-1_-_JocondeMNR00175.jpg (11.3.2023, 18.39 Uhr)
[37] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/MNR00175 (12.3.2023, 17.06 Uhr)
[38] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/REC00083?mainSearch=%22Schlo%C3%9F%20Dyck%22&last_view=%22list%22&idQuery=%223fb771-e725-f688-2e61-d403f18575e%22 (11.3.2023, 14.20 Uhr)
[39] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/REC00083?mainSearch=%22Schlo%C3%9F%20Dyck%22&last_view=%22list%22&idQuery=%223fb771-e725-f688-2e61-d403f18575e%22 (11.3.2023, 14.20 Uhr)
[40] https://www.mauritshuis.nl/de/sammlung-entdecken/kollektion/1227-self-portrait-c-1615-1618/ (11.3.2023, 19.26 Uhr)
[41] https://www.mauritshuis.nl/de/sammlung-entdecken/kollektion/1227-self-portrait-c-1615-1618/ (11.3.2023, 19.26 Uhr)

Pater Michael Granderath – ein Bedburdycker war Lehrer von Heinrich Heine?

In der Totenzettelsammlung der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde fand ich zuletzt einen Totenzettel, der einen Verstorbenen betraf, der aus der Pfarre Bedburdyck stammte. Es handelte sich hierbei um Pater Granderath, der offensichtlich den Großteil seines Lebens in Düsseldorf verbrachte.


Totenzettel von Pater Granderath[1]

Nachfolgend ist der Text abgeschrieben: „Jesus, Maria, Joseph, Andreas! „Wohlan! du guter und getreuer Knecht! weil du über weniges treu gewesen bist, so will ich dich über Vieles setzen: gehe ein in die Freude deines Herrn.“ Matth. 25,23

Zu Düsseldorf den 12. April 1842, Morgens 5 Uhr starb nach 7tägigem Krankenlager in Folge eines Schlagflusses, mit den hl. Sakramenten versehen, in Gottes heiligen Willen ergeben, ruhig und sanft der Hochwürdige Pater Granderath, letztes Mitglied des ehemaligen Jesuiten-Collegiums hierselbst und Professor, früher Feiertagsprediger an der Kirche zum hl. Andreas, jetzt in der Andreas-Pfarrkirche Hof-Kapellan.

Er war geboren in der Pfarre Bedburg-Dyck bei Neuß im Jahre 1769, lebte 45 Jahre als Seelsorger in Düsseldorf, und sein priesterliches Wirken war gesegnet für Stadt und Umgegend. Er lebte und wirkte für die Welt: blieb selber aber unberührt von der Welt; bewahrte sich ein kindliches Gemüth und eine schöne Seele, – und war geliebt vor Gott und den Menschen. Unter Düsseldorfs Bewohnern, zunächst bei der Bürger-Sodalität, deren Präses er seit dem Jahre 1834 war, wird sein Andenken im Segen fortleben: seine Seele aber selig sein bei Gott. Darum lasset uns beten!“

Totenzettel dieser Art sind typisch für die Zeit. Dennoch dürften für den Leser einzelne Wörter des Textes Anlass zu Fragen, Ergänzungen oder Korrekturen geben.

Folgt man den Textzeilen von oben nach unten, so stößt man auf die Todesursache, die mit „an den Folgen eine Schlagflusses“ erwähnt wird. In Genwiki, einem Wörterbuch für Genealogen (Ahnenforscher), wird Schlagfluss auch als Stocken der Säfte, Schlaganfall oder Gehirnblutung bezeichnet.[2]

Pater Granderath wird nicht mit Vornamen genannt. Meine Recherchen ergaben aber, dass es sich dabei um Michael Granderath handelt, der am 1. Oktober 1769 als erstes Kind der Eheleute Albert Granderath und Maria Daners in der Pfarrkirche St. Martinus in Bedburdyck getauft wurde. Die Eltern hatten ein Jahr vorher am 4. November 1768 ebenfalls in Bedburdyck geheiratet. Der im Totenzettel angegebene Ort der Heimatpfarre Bedburg-Dyck ist fehlerhaft. Diese fehlerhafte Nennung taucht bis heute immer wieder einmal schriftlich aber auch in der Aussprache auf und führt häufig zur Verwechslung mit der Stadt Bedburg. Wenn auch Bedburg und Bedburdyck beide ihren Namen auf die sehr alte Bezeichnung „bedbur“ zurückzuführen ist, was nach heutigen Forschungsstand als „Bethaus“, Kapelle oder Kirche bedeutet, so schrieb sich der Ort Bedburdyck immer ohne „g“.

Michael Granderath war laut Totenzettel letztes Mitglied des Jesuiten-Kollegs in Düsseldorf. Klöster der Jesuiten wurden als Jesuiten-Kommunität bezeichnet. Ein Kolleg war demnach eine klösterliche Gemeinschaft mit Ausbildungseinrichtung.[3]

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde das westlich an die Kirche anschließende Jesuitenkolleg, das heutige Stadthaus, errichtet.[4]


Blick vom Mühlenplatz. Rechtes Gebäude: ehemaliges Jesuiten-Gymnasium, heute Stadthaus, Mühlenstraße. In der Bildmitte die Andreaskirche[5]

Die Schule war im Jahr 1621 auf den Jesuitenorden übertragen worden und wurde ein Jesuitenkolleg. Der Unterricht war nach den einheitlichen Schulplänen der Jesuiten mit täglich bis zu zwölf Stunden überwiegend kontrolliertem Lernen und Beten gestaltet. Auf ein achtjähriges Grundstudium, ähnlich der heutigen Gymnasialausbildung, folgte ein sechsjähriges Fachstudium, bestehend aus einem zweijährigen Philosophie- und einem vierjährigen Theologiestudium. Die Unterrichtssprache war Latein; auch Theateraufführungen fanden in lateinischer Sprache statt. Weitere Fächer waren Philosophie, Mathematik, Rhetorik, Poesie, Grammatik, Geographie, Arithmetik und Heraldik. Das Griechische wurde in Grundzügen vermittelt.[6]


Mahn- und Gedenkstätte Landeshauptstadt Düsseldorf, Mühlenstraße 29, Düsseldorf-Altstadt, im März 2016 – ehemaliges Jesuitenkolleg[7]

Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurde anstelle der Schließung des Düsseldorfer Jesuitenkollegs dessen Änderung in ein „Kurfürstliches Gymnasium“ beantragt. Die ehemaligen Jesuiten stellten weiterhin das Lehrpersonal; statt des Faches Latein wurde nun Deutsch Pflichtfach in allen Klassen. Dritte Fremdsprache wurde die „Hofsprache“ Französisch.[8]

1814 wurde die Gesellschaft Jesu (Jesuitenorden) von Papst Pius VII. wieder zugelassen.[9] Wo Pater Granderath in den Jesuitenorden eintrat, ist nicht überliefert, allerdings scheint er der letzte Vertreter der ehemaligen jesuitischen Lehrerschaft, des Jesuiten-Kollegiums in Düsseldorf, gewesen zu sein.

Einer der berühmtesten Schüler des Gymnasiums war der spätere Dichter und Schriftsteller Heinrich Heine (1797–1856), der die Schule von 1807 bis 1814 besuchte und vor der Reifeprüfung auf eine Handelsschule wechselte.[10] Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass Pater Granderath auch Lehrer von Heinrich Heine gewesen ist.

Bei der „Bürger-Sodalität“ genannten Vereinigung, deren Präses Michael Granderath seit 1834 gewesen war, scheint es sich um die katholische Laienbruderschaft, die Marianische Bürgersodalität der Andreas-Pfarre, gehandelt zu haben.

Nach dem Tode von Pater Granderath beschloss die St.-Andreas-Pfarrgemeinde, ihm und seinen drei Vorgängern auf dem Friedhof in Düsseldorf-Golzheim ein Grabmal zu setzen. Die Finanzierung wurde realisiert durch eine Kunstausstellung in der Kunstakademie, an der sich viele Düsseldorfer Maler beteiligten. Die vier letzten Jesuiten hatten ein hohes Ansehen in der katholischen Bevölkerung. Ihre Begräbnisse wurden daher mit großem Aufwand begangen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden dort auch die Pfarrer der Andreas-Gemeinde bestattet.[11]

 Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

[1] https://www.wgff-tz.de/details.php?id=217879 (8.2.2024, 19.23 Uhr)
[2] https://wiki.genealogy.net/Schlagflu%C3%9F (16.10.2023, 19.57 Uhr)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Jesuiten-Kommunit%C3%A4t (16.10.2023, 20.32 Uhr)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/St._Andreas_(D%C3%BCsseldorf) (16.10.2023, 20.57 Uhr)
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Stadthaus_(D%C3%BCsseldorf) (16.10.2023, 21.05 Uhr); Guntram Fischer: Düsseldorf und seine Rechtsakademie, Triltsch Verlag, Düsseldorf 1983, ISBN 3-7998-0024-7, S. 33
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Stadthaus_(D%C3%BCsseldorf) (29.2.2024, 20.24 Uhr)
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Mahn-_und_Gedenkst%C3%A4tte_D%C3%BCsseldorf (8.2.2024, 19.42 Uhr), Fotograf Kürschner), lizenzfrei
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6rres-Gymnasium_(D%C3%BCsseldorf) (29.2.2024, 20.34 Uhr)
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Jesuiten (29.2.2024, 20.29 Uhr)
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6rres-Gymnasium_(D%C3%BCsseldorf) (16.10.2023, 20.51 Uhr)
[11] http://www.postmortal.de/Duesseldorf/D-Golzheim/GolzheimPlan/JesuitenGrab/jesuitengrab.html (17.10.2023, 7.04 Uhr)

Der Humorist Josef Göllner

Heute möchte der Geschichtsverein Grevenbroich über eine wahre Showgröße der 1920er Jahre aus Grevenbroich berichten. Die Idee zu diesem Bericht entstand durch den regelmäßigen und wertvollen Austausch über historische Fotos zwischen dem Fotosammler Jürgen Larisch und dem Familien- und Heimatforscher Stefan Faßbender. Es ist erstaunlich, wie oft sich die eigentlich sehr unterschiedlichen Interessensgebiete der beiden Personen überschneiden bzw. ergänzen und gegenseitig Hilfe gegeben werden kann. So gelangte Jürgen Larisch an diverse Autogrammkarten eines Humoristen und Komikers aus Wevelinghoven, ohne etwas über diese Person zu wissen. Nach einem kurzen Austausch konnte Stefan Faßbender mit Hilfe der vereinseigenen Datenbank „Genius“ sehr schnell die Lebensdaten herausfinden, die Autogrammkarten um weitere Informationen ergänzen und der vorliegende Beitrag entstand.

Nun aber zu unserer bisher einzig bekannten Grevenbroicher Showgröße der Vorkriegszeit. Heute würde man einen Humoristen als Unterhaltungskünstler, Kabarettist, Comedian, Komiker etc. bezeichnen.

 Wer war der Humorist Josef Göllner?

© Jürgen Larisch – Vorderseite Autogrammkarte Josef Göllner um 1918

Josef Göllner wurde am 30. Oktober 1886 als unehelicher Sohn des Tagelöhners Franz Johann Göllner (*07.05.1863 in Schmechten, heute ein Stadtteil von Brakel im Kreis Höxter, †26.06.1919 in Wevelinghoven) und der Dienstmagd Anna Maria Cremer (*23.02.1865 in Allrath, †28.05.1935 in Wevelinghoven) in Vanikum bei Rommerskirchen geboren. Erst durch Heirat seiner Eltern am 6. Mai 1887 wurde er legitimiert (Eintritt eines unehelichen Kindes in die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes).

StA Rommerskirchen, Geburtsregister Rommerskirchen, Nr. 57/1886

Für die Zeit bis Ende 1925 sind leider zurzeit keine Belege zu seiner Tätigkeit als Künstler und Humorist zu finden. Allerdings muss er bereits zur Zeit des 1. Weltkrieges als solcher unterwegs gewesen sein, wie die Rückseite der oben dargestellten Autogrammkarte zeigt. Ob er als Soldat oder zur „Truppenbelustigung“ an der Front war, konnte bisher nicht herausgefunden werden.

© Jürgen Larisch – Rückseite Autogrammkarte Josef Göllner um 1918

„Zum Anden[ken] an unsere Propeller Satire (Kino) dein Kamerad Jos. Göllner. Im Lazarett 26/9.18.“

Für die Zeit zwischen 1925 und 1939 konnten unzählige Zeitungsartikel und -anzeigen über Veranstaltungen von ihm gefunden werden, von denen nachfolgend einige dargestellt werden. Er muss im gesamten Rheinland aufgetreten sein, da Artikel und Anzeigen z. B. in Mönchengladbach, Bedburg, Königshoven, Grevenbroich, im Bergischen Land und in Opladen gefunden wurden.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 148, Seite 2 vom 15.12.1925

„- Gastspiel. Das am vergangenen Sonntag in der Restauration Winand Breuer veranstaltete Gastspiel des rheinischen Humoristen Jos. Göllner war gut besucht. Die meist neuzeitlichen Darbietungen fanden ungeteilten Beifall. […] Kurz, den Besuchern war es vergönnt, die Alltagssorgen für einige Stunden zu vergessen.“

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 13, Seite 4 vom 30.01.1926
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 28, Seite 7 vom 06.03.1926
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 118, Seite 3 vom 02.10.1926

Der in der Anzeige genannte Begriff „Typendarsteller“ deutet auf einen Imitator hin.

Der Erft-Bote, Nr. 39, Seite 4 vom 02.04.1927
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 13, Seite 2 vom 31.01.1928

„[…] Büttenreden und humoristische Vorträge, die von dem bekannten, ausgezeichneten rheinischen Humoristen Göllner aus Wevelinghoven in glänzender Weise gehalten und durch hervorragende Mimik gewürzt wurden, […]“

Der Erft-Bote, Nr. 23, Seite 4 vom 22.02.1930
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 65, Seite 12 vom 31.05.1930
Opladener Zeitung, Nr. 208, Seite 4 vom 06.09.1930
Der Erft-Bote, Nr. 106, Seite 12 vom 05.09.1931
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 10, Seite 2 vom 22.01.1931

„[…] Und dann kam die Kanone. Herr Humorist Göllner, ebenfalls ein Kind unserer Stadt, wartete in bunter Folge, mit Charaktervorträgen auf. Unermüdlich und mit seltener Begabung, verstand er es meisterhaft, immer wieder auf die Lachmuskeln seiner Zuhörer, unerhört einzuwirken und selbst den allergrößten Pessimisten zu stärkstem Applaus anzuregen. […]

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 2 vom 27.01.1931

„[…] wurde Josef Göllner der Auftrag gegeben, mit seinen Scherzen und Couplets (= Ein Couplet ist ein mehrstrophiges witzig-zweideutiges, politisches oder satirisches Lied mit markantem Refrain) die Festversammlung zu erfreuen und zu unterhalten. Josef Göllner, ein Humorist von Format, verstand es auch glänzend, sich die Herzen der dankbaren Zuhörerschar im Sturme zu erorbern. Immer aufs neue entfesselte er wahre Lachstürme, wenn er, begabt mit ausdrucksvollstem Mienenspiel, seine „Sachen“ zum Vortrag brachte. […]“

Der letzte gefundene Zeitungsartikel stammt aus dem Februar 1939 über einen Kameradschaftsabend in Kirdorf-Blerichen. Leider sind über die Zeit des Zweiten Weltkriegs keine Informationen zu finden. „[…] Im zweiten Teile des Abends kamen Humor und Frohsinn so recht zur Geltung. Ganz besonders trugen hierzu der Berufshumorist Josef Göllner und sein Begleiter am Klavier, Pet. Fabry, bei.“ […]“

Der Erft-Bote, Nr. 42, Seite 3 vom 28.02.1939

Der Humorist Josef Göllner starb am 24. Februar 1958 um 6.45 Uhr im alter von 71 Jahren im Krankenhaus von Wevelinghoven. Er war nicht verheiratet und hinterließ vermutlich auch keine Kinder. Allerdings gibt es Hinweise auf Geschwister von Josef Göllner, die ebenfalls in Wevelinghoven ansässig waren.

StA Grevenbroich, Sterberegister Wevelinghoven, Nr. 14/1958

Jürgen Larisch und Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

Ein Brief von Rudolf Heß an eine unverheiratete Mutter

In den Akten des Bestandes Wevelinghoven wurde von Cornelia Schulte, Mitarbeiterin im Stadtarchiv Grevenbroich, nachfolgender Brief gefunden. Da dieser Brief weder den Namen der Mutter trägt noch handschriftlich von Heß unterschrieben wurde, ist davon auszugehen, dass es sich um einen Musterbrief an alle unverheirateten Mütter handelt, deren Verlobte im Krieg gefallen waren. Dieser Musterbrief muss bereits aus der Zeit vor 1941 stammen, da Rudolf Heß am 10. Mai 1941 nach einem bis heute nicht eindeutig begründbaren Flug nach Großbritannien dort gefangen genommen wurde.

© Stadtarchiv Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 1770
© Stadtarchiv Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 1770

Der Brief zeigt in perfider Weise wie gedanklich mit dem Gut „Menschen“ während der NS-Zeit umgegangen wurde. Der Geschichtsverein Grevenbroich möchte daher in diesem Kurzbeitrag, das eheliche Instrument der nachträglichen Ehe (auch Leichen- bzw. Totentrauung genannt) darstellen. Die Ferntrauung, die Totenscheidung oder der Umgang mit Personen in Mischehen (Arier/Juden) werden hierbei absichtlich außen vorgelassen, da dies den Rahmen dieses Artikels „sprengen“ würde.

Da die Ferntrauung (Ehemann war zum Zeitpunkt der Eheschließung im Felde) nicht die Fälle abdeckte, in denen die Soldaten nicht mehr zur Niederschrift ihres Willens vor dem Bataillonskommandeur erscheinen konnten, da sie bereits gefallen waren, fehlte ein rechtliches Instrument, auch diejenigen Frauen sozial abzusichern und uneheliche Kinder zu legitimieren, deren Männer bzw. Väter als „Helden des Vaterlandes“ an der Front umgekommen waren.

Anfangs wurden Anträge zur Genehmigung einer nachträglichen und auch wirksamen Eheschließung unmittelbar und direkt von Adolf Hitler begutachtet und wohl als „Gnadenakt“ genehmigt. Da die Zahl der gefallenen Soldaten im Laufe des Krieges immer mehr zunahm, war dies durch Einzelfallregelungen nicht mehr zu bewältigen. Schätzungen gehen von ca. 25.000 Anträgen aus, die an das Reichsministerium des Innern gerichtet wurden. (1)

Aus diesem Grund unterschrieben Adolf Hitler, Hans Heinrich Lammers (Chef der Reichskanzlei) und Wilhelm Keitel (Chef des Oberkommandos der Wehrmacht) am 06. November 1941 einen entsprechenden Geheimerlass, der dieses Problem übergreifend und effektiv lösen sollte. Da eine Veröffentlichung der Anordnung zu unterbleiben hatte und verboten wurde, ist es dem Autor bisher nicht gelungen eine Abschrift dieses Erlasses einsehen zu können. Der Erlass wurde nach Internetrecherche wohl lediglich einmal mit einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 1947 abgedruckt. Leider ist auch dieses Urteil nicht zugänglich.

Mit dieser Ermächtigung wurde es dem Reichsminister Frick ermöglicht, die nachträgliche Eheschließung von Frauen mit gefallenen oder im Felde verstorbenen Angehörigen der Wehrmacht anzuordnen, wenn die ernstliche Eheschließungsabsicht erwiesen war und bis zum Tode bestanden hatte.

Am 25. März 1942 gab das Reichsinnenministerium den Wortlaut der Ermächtigung innerhalb der Verwaltung bekannt. (2) Da dieser Geheimerlass nun doch nicht so geheim war wie gewollt, verbreitete sich unter der Bevölkerung schnell der Begriff der „Leichentrauung. Trotzdem wurden die Standesämter erst am 15. Juni 1943 – noch immer vertraulich – vom Reichsminister des Innern (Wilhelm Frick) über die Existenz des Geheimerlasses und die Richtlinien zur Bearbeitung solcher Anträge informiert.

Dokumentiert wurden nachträgliche Ehen (Leichen- bzw. Toten-Ehen) im Standesamt wie folgt. Die Namen der Betroffenen wurden geschwärzt, auch wenn die Urkunden mittlerweile öffentlich zugänglich sind und von jedem eingesehen werden können.

© Stadtarchiv Grevenbroich, Sterberegister Grevenbroich, Nr. 80/1942
© Stadtarchiv Grevenbroich, Heiratsregister Gustorf, Nr. 23/1942

Transkription der Heiratsurkunde als Fließtext:

„Gustorf, den 25. November 1942. Die Kontoristin Anna XXXX, katholisch, geboren am 19. Januar 1924 in Orken (Standesamt Elsen jetzt Grevenbroich Nr. 8), wohnhaft in Gindorf, Göringstraße erschien heute vor dem unterzeichneten Standesbeamten zum Zwecke der nachträglichen Eheschließung mit dem am 24. Mai 1942 verstorbenen Obergefreiten Robert Franz Walter XXXX, evangelisch, geboren am 11. Mai 1919 in Neumühle (Standesamt Heerwegen Nr. 20), wohnhaft gewesen in Neumühle.

Der Standesbeamte fragte die erschienene Verlobte, ob sie nachträglich die Ehe mit dem verstorbenen Robert Franz Walter XXXX eingehen wolle. Die Verlobte bejahte die Frage. Der Standesbeamte sprach im Namen des Reiches und auf Anordnung des vom Führer hierzu besonders ermächtigten Reichsministers des Innern aus, daß die Ehe hiermit nachträglich geschlossen werde, daß Anna XXXX geborene XXXX demnach die rechtmäßig verbundene Ehefrau des am 24. Mai 1942 verstorbenen Robert Franz Walter XXXX geworden sei und zwar nachträglich mit Wirkung von dem Tage ab, der dem Sterbetag des Ehemannes vorausgegangen ist.“

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

(1) Cornelia Essner und Edouard Conte: „Fernehe“, „Leichentrauung und Toten-Scheidung“, Metamorphosen des Eherechts im Dritten Reich, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Jahrgang 44 (1996), Heft 2, S. 201 – 227, S. 214

 (2) Cornelia Essner und Edouard Conte: „Fernehe“, „Leichentrauung und Toten-Scheidung“, Metamorphosen des Eherechts im Dritten Reich, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Jahrgang 44 (1996), Heft 2, S. 201 – 227, S. 213

VHS-Kurs „Familien- und Ahnenforschung für Einsteiger“

Der Arbeitskreis Familienforschung im Geschichtsverein Grevenbroich bedankt sich bei allen Teilnehmern des gestrigen Kurses und der VHS Grevenbroich, die uns den gemeinsamen Abend ermöglicht hat.

Foto: (c) Stefan Faßbender

Der in zwei Teilen aufgeteilte Kurs gab einen kurzen Einblick in die Ahnenforschung allgemein sowie in die Möglichkeiten einer Recherche im Internet. Trotz einer zeitlichen Überziehung konnten alle Themen leider nur kurz angeschnitten werden. Wir hoffen jedoch, dass sowohl alle Einsteiger*innen als auch die erfahrenen Familienforscher*innen viel mitnehmen konnten.

Heinz Otto Schnier und Stefan Faßbender bedanken sich für das „gespannte“ Interesse und den regen Austausch zu einem sehr spannenden Bereich der Geschichtsforschung…

Werbung für eine Schnellläuferin – Fake-News Mitte des 19. Jahrhunderts

Im Grevenbroicher Kreisblatt wird am 3. Juni 1855 eine Anzeige veröffentlicht, in der für eine Schnellläuferin geworben wird.

Annonce mit Ankündigung einer Schnellläuferin (Grevenbroicher Kreisblatt 3.6.1855) [1]

In der Annonce heißt es: Schnelllauf – Auf meiner Durchreise nach Paris werde ich die Ehre haben, mich Sonntag den 3. Juni als „Schnellläuferin“ zu produziren. Ich werde nämlich die Strecke von Fürth bis Hemmerden über die Chaussee in noch nicht vollen 15 Minuten theils vorwärts, theils rückwärts, und nach einem kurzen Aufenthalte in derselben Zeit die nämliche Strecke zurück durchlaufen. Ich lade hierzu ein verehrungswürdiges Publikum höflichst ein. Der Ablauf ist Nachmittags präcise 5 Uhr von dem Hause der Wittwe Schiffer zu Fürth. „Zahlung nach belieben.“ Bertha Stollmeyer, concessionirte Schnellläuferin aus Berlin.“

Der Lauf sollte über die Chaussee, die Landstraße von Grevenbroich-Fürth nach Hemmerden führen.

Preußische Karte von 1836/50 – eingezeichnet ist die angekündigte Strecke zwischen Grevenbroich-Fürth und Hemmerden[2]

Schnellläufer waren im 19. Jahrhundert eine Art fahrende Schausteller, die ihre Kunst gegen Gaben vorführten oder als Briefboten lange Strecken eilends und zu Fuß zurücklegten. Im Jahre 1824 erregte der Tagelöhner Peter Bajus mit sehr schnellen Laufleistungen im Rhein-Main-Gebiet viel Aufsehen. Am 15. Februar 1824 lief er vor zahlreichen Zuschauern von Frankfurt nach Hanau und zurück. Seine 10.000 Meter Zwischenzeiten werden nachträglich auf 31:45 min geschätzt, womit er der schnellste Läufer seiner Zeit gewesen sein dürfte. Die erfolgreichen Schauläufe von Peter Bajus riefen sogleich weitere Akteure auf den Plan.[3]

Doch scheint sich jemand mit der Anzeige im Grevenbroicher Kreisblatt einen Spaß gemacht zu haben, denn ein paar Tage später entschuldigt sich der Redakteur mit einer neuen Anzeige.

Entschuldigung zur Falschankündigung einer Schnellläuferin (Grevenbroicher Kreisblatt 10.6.1855) [4]

Darin heißt es: Entschuldigung – Ich muß die Leser dieses Blattes um Entschuldigung bitten, wegen der Annonce im vorigen Blatte, von einer angeblichen Schnellläuferin. Ich bin durch einen Brief, welchen ich von Düsseldorf erhielt, über die Sache selbst, und in Betreff meiner Insections-Gebühren [Kosten für das Inserat] getäuscht worden. Ich habe den Brief der Polizei übergeben, und werde Sorge tragen, daß ein ähnlicher alberner Scherz, irgend eines Laffen [alberner, törichter Mensch], auf Kosten des Publikums, in der Folge nicht mehr stattfindet. Der Redacteur.“

Daran kann man sehr schön erkennen, dass man auch schon vor über 150 Jahren Falschinformationen auf den Leim gegangen ist.

Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

[1] https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/3376103 (27.1.2024, 17.07 Uhr)

[2] https://www.tim-online.nrw.de/tim-online2/ (27.1.2024, 23 Uhr,); modifiziert von Michael Salmann

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Schnelll%C3%A4ufer_(Schausteller) (27.1.2024, 22.19 Uhr)

[4] https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/3376109 (27.1.2024, 22.30 Uhr)

1758 – Siebenjähriger Krieg: Der heutige Rhein-Kreis Neuss nach der Schlacht bei Krefeld

Im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 kämpften alle europäischen Großmächte jener Zeit um Machtbalance und territoriale Gewinne in Europa, um Kolonien und Einfluss in Nordamerika, Indien und Afrika, um die Herrschaft über die transatlantischen Seewege sowie um Handelsvorteile. Im Wesentlichen standen Preußen und Großbritannien einer Allianz aus der Habsburgermonarchie, dem Heiligen Römischen Reich sowie Frankreich, Russland und Spanien gegenüber. Als Verbündete kamen auf beiden Seiten weitere kleinere und mittlere Staaten wie Kurhannover und Kursachsen hinzu. Während Preußen, Habsburg, Frankreich und Russland primär um ihre Machtposition in Mitteleuropa stritten, ging es im Teilkonflikt zwischen Großbritannien und Frankreich auch um die Vorherrschaft in Nordamerika und Indien.

Im Februar 1763 endete der Siebenjährige Krieg. Als Ergebnis stieg Preußen neben Frankreich, Großbritannien, Österreich und Russland zur fünften europäischen Großmacht auf.[1] Frankreich hingegen verlor seine vorherrschende Stellung in Kontinentaleuropa und große Teile seiner Kolonialgebiete in Nordamerika und Indien an Großbritannien, das damit zum dominierenden Weltreich wurde.[2]

Wohl mit der wichtigste General auf Seiten Hannovers und Preußens war Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern. Er war der Schwager von Friedrich II., König von Preußen[3], volkstümlich der „Alte Fritz“ genannt.[4]

Friedrich der Große, König von Preußen – “Der Alte Fritz” auf einem Gemälde von Anton Graff, 1781. [5]

Ferdinand nahm an zahlreichen Feldzügen und Schlachten teil. Er genoss auch aufgrund seiner militärischen Erfolge die Gunst des Königs. Während des Siebenjährigen Krieges erhielt er als General der Infanterie den Oberbefehl über die Alliierten in Westdeutschland. Ferdinand wusste in der Folge, die gesunkene Moral seiner Soldaten so zu heben, dass sie fast immer Sieger über das weit stärkere französische Heer blieben.[6]

Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1721-1792) [7]

So konnte Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel die Franzosen in der Schlacht von Rheinberg am 12. Juni 1758 und in der Schlacht bei Krefeld am 23. Juni 1758 schlagen.

In der als „Schlacht bei Krefeld“ oder „Schlacht an der Hückelsmay“ bezeichneten Schlacht kämpften alliierte und französische Truppen gegeneinander. Sie stellte einen Höhepunkt des Konfliktes von 1756 bis 1763 im Rheinland dar.[8] Zu den alliierten Truppen, die hier kämpften, zählten die Braunschweiger, Hannoveraner, Hessen und Preußen.

Plan der Schlacht von Krefeld mit den Bewegungen der alliierten Armee vom 23. Juni bis 2. Juli 1758[9]

Auf dem Feld an der Hückelsmay auf dem Gebiet des heutigen Krefelder Forstwalds am südlichen Stadtrand von Krefeld (im Krefelder Stadtteil Forstwald) trafen am 23. Juni 1758 alliierte Truppen unter dem Kommando des Prinzen Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel und ein französisches Heer unter der Führung des Grafen von Clermont zusammen. Die in Fischeln stationierten Franzosen hatten bereits mit 47.000 Mann Stellung bezogen und rechneten mit einem Angriff Ferdinands von Norden her, welcher mit insgesamt 32.000 Mann zwischen Kempen und Hüls lagerte. Prinz Ferdinand befahl jedoch einen Angriff von Süden, nachdem die französischen Stellungen über Vorst und Anrath umgangen worden waren. Die Franzosen wurden von der Armee des Prinzen überrascht, nach Osten gedrängt und dort aufgerieben. Die französische Reserve konnte nichts mehr ausrichten und musste sich nach heftigen Gefechten mit weiteren berittenen preußischen Truppen noch weiter nach Osten zurückziehen. Am späten Abend war die Schlacht entschieden und die Franzosen zogen sich vorerst über Osterath nach Neuss zurück. Ein Gedenkstein an der Hückelsmay erinnert heute noch an die 2.867 Gefallenen, die dort begraben liegen, und die 2.719 verletzten und gefangenen Soldaten beider Parteien.[10]

Diese Schlacht bei Krefeld ging in die Geschichte ein. Trotz ihrer großen Übermacht wurden die Franzosen besiegt. Sie zogen sich über Neuss und Worringen nach Köln zurück, um Mitte Juli wieder nach Norden vorzustoßen.

Die alliierte Kavallerie, die von Georg Ludwig, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf, befehligt wurde, rückte währenddessen über Glehn gegen die von den Franzosen gehaltene Erftlinie Grevenbroich-Grimlinghausen vor.[11] Georg Ludwig von Schleswig-Holstein-Gottorf war ein Bruder des späteren schwedischen Königs Adolf Friedrich und trat drei Jahre später Anfang 1762 in die Dienste seines Cousins, des neuen Zaren Peter III. von Russland.[12]

Ferdinand zog mit dem Hauptheer über Kaarst an die Linie Bedburdyck-Damm nach. Geldern, Wesel, Düsseldorf und Jülich waren noch von den Franzosen besetzt. Das ganze Land wurde schwer mitgenommen.[13] Ferdinand von Braunschweig hatte eine Verstärkung von 2.000 Mann, reguläre und leichte Truppen, zur Belagerung der Festung von Düsseldorf geschickt.[14] Deren französische Garnison kapitulierte am 6. Juli 1758, so dass Prinz Ferdinand Düsseldorf einnehmen konnte.[15] Danach kapitulierte auch die französische Stellung in Roermond. Die Herrschaft Dyck hatte 200 Karren, jede mit Fahrer und 8 Säcken nach Roermond zu stellen.[16] Hier sollten Lebensmittel für die Truppenversorgung der Alliierten geholt werden.

Das Hauptquartier Ferdinands befand sich auf Schloß Dyck, vom 10. bis 14. Juli in Grevenbroich, dann wieder auf Dyck, am 22. Juli in Bedburdyck und am 23. Juli in Epsendorf. Das Lager der Truppen lag bei Elsen und Fürth. Das königlich-britische Feldkriegskommissariat war seit 3. Juli im Kloster St. Nikolaus ansässig.[17] Ferdinands Armee ging bis nach Grevenbroich vor und darüber hinaus. Sie zog sich erst wieder zurück, als die Franzosen unter ihrem neuen Kommandeur Louis Georges Érasme de Contades von Köln wieder heranrückten.[18]

Portrait von Louis Georges Érasme de Contades (1704-1795) [19]

Am 6. Juli, demselben Tag an dem die französische Kapitulation in der Festung Düsseldorf stattfand, war der französische Feldherr de Contades zum Angriff übergegangen. Ferdinand zog sich bis zum 15. Juli über Holzheim nach Neuss zurück, ging dann jedoch wieder vor bis auf die Linie Neubrück, Hemmerden, Bedburdyck. Am folgenden Tag stießen französische Husaren bis Glehn und Dyck vor.[20] Am 19. Juli verlegte Ferdinand daraufhin seine Truppen am linken Ufer der Erft mit seinem rechten Flügel auf der Höhe dieses Dorfes und seinem linken Flügel bei Neubrück. Starke Abteilungen besetzten die Übergänge der Erft flussabwärts in Richtung Neuss. Die Franzosen blieben in ihrem alten Lager in Frauweiler.

Vom 20. bis 24. Juli blieb Ferdinand in den Stellungen zwischen Bedburdyck und Neubrück. Die Garnison von Roermond wurde zurückgerufen. Er ließ Vorräte von Roermond bringen. Bei einer Erkundung wurde Ferdinand leicht verwundet und Contades schickte ihm seinen Arzt.[21] 

Französische Karte vom 14.7.1758: Französische und Hannoveraner Stellungen bei Grevenbroich zwischen Frauweiler und Bedburdyck[22]

Auf der französischen Karte werden deren Stellungen im heutigen Gebiet des südwestlichen Rhein-Kreises Neuss sowie im Randgebiet des nordöstlichen Rhein-Erft-Kreises dargestellt. Die Anordnung der genannten Ortschaften auf der Karte entspricht nur in etwa der tatsächlichen Lage. Büttgen wurde beispielsweise auf die Höhe von Hemmerden gesetzt und Jüchen und Bedburdyck wurden vertauscht. Anscheinend haben die Franzosen die französisch ausgesprochenen Namen der Ortschaften in die Karte eingetragen. Dadurch finden wir auf der Karte viele „verfremdete“ Ortsnamen wieder, die sich nur durch einen Abgleich mit den Tranchotkarten oder dem preußischen Urkataster identifizieren lassen. Dargestellt sind folgende Orte, Güter und Höfe: Aerof (Heyderhof), Altenrad (Allrath), Bauastion (Barrenstein), Bidboundick (Bedburdyck), Buckols (Buchholz; 1982 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[23]), Budyen (Büttgen), Caster (Kaster), Chateau de Haust (Schloß Harff; 1976 wegen des Tagebaus Garzweiler I abgerissen[24]), Cugin (Jüchen), Custorp (Gustorf), Elsen, Epprad (Epprath; 1968 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[25]), Fort (Fürth), Frauwiller (Frauweiler; 1970 nach Bedburg umgesiedelt, wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen), Freudorf (aufgrund der Lage auf der Karte kann es sich nur um Neurath handeln), Futenbusen (Birkenbusch = Wäldchen zwischen Allrath und Neurath), Geritshoff (Geretzhoven), Guraedhach (Gürath; um 1900 für die Grube Neurath abgerissen[26]), Grevenbroich, Heminden (Hemmerden), Herkenbouch (Herkenbusch), Homagen (Omagen; früher Burg, 1935 abgerissen), Hucoff (Oekoven), Ilecot (Ikoven), Kaulem (Kaulenhof; heute liegt dort die Frimmersdorfer Höhe), Krawinkel (Gut Krahwinkel), Kundoven (Königshoven; 1983 wegen des Tagebaus Garzweiler I abgerissen), Lauken (Villau), Loan (Lohenbusch; Wäldchen zwischen Allrath und Oekoven gelegen), Mayenhausen (Neuenhausen), Moheusen (Muchhausen), Morcken (Morken; 1977 wegen des Tagebaus  Garzweiler I abgerissen[27]), Nejenhof (Neuhöfchen), Naudrof (Gommershofen), Neidrad (Gut Nanderath; der Hof wurde am 17.2.2011 abgerissen[28]), Pirin (Winkelheim; 1977 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[29]), Prejot (Priorshof), Ramerof (Ramrath), Rot (Rath; Stadtteil von Bedburg), Sintzen (Sinsteden), Tiel (Deelen), Vinicouvre (Widdeshoven), Vofluche (Hoveler Hof bei Gohr), Wevelingkoven (Wevelinghoven) und Wrimersdorff (Frimmersdorf).[30]

Am 24. Juli schickte Ferdinand mehrere Abteilungen aus. Eine dieser Abteilungen besetzte erneut Roermond. In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli rückte Ferdinands Haupttrupp unbemerkt aus seinen Stellungen zwischen Bedburdyck und Neubrück ab und marschierte in Richtung Wassenberg. Einen Tag später erreichte dieser nach einem Marsch von 28 km Wassenberg an der Rur, 20 km südöstlich von Roermond. Die Contades-Armee hingegen überquerte am 26. Juli die Erft und rückte bis Garzweiler bei Titz vor.[31] Am folgenden Tag marschierte die französische Armee weiter nach Holzweiler und Keyenberg. In der Folge zogen Ferdinands Truppen entlang der Maas nach Norden und überquerten am 9. und 10. August 1758 bei Emmerich den Rhein, die Franzosen folgten am 19. und 20. August bei Wesel.[32] Damit endeten die Truppenbewegungen während des Siebenjährigen Krieges im heutigen Kreisgebiet. 

Skizze der Heeresbewegungen von der Schlacht bei Krefeld bis zum Rückzug über den Rhein vom 26. Juni bis 25. August 1758[33]

 Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28Preu%C3%9Fen%29 (5.8.2023, 18.52 Uhr)
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Siebenj%C3%A4hriger_Krieg (16.4.2023, 23.55 Uhr)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_(Braunschweig-Wolfenb%C3%BCttel) (23.4.2023, 12.55 Uhr)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._(Preu%C3%9Fen) (23.4.2023, 15.24 Uhr)
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28Preu%C3%9Fen%29 (5.8.2023, 18.57 Uhr)
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_(Braunschweig-Wolfenb%C3%BCttel) (23.4.2023, 12.55 Uhr)
[7] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Prinz_Ferdinand_Braunschweig.jpg (17.4.2023, 00.11 Uhr)
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Krefeld (15.4.2023, 21.12 Uhr)
[9] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (16.4.2023, 23.01 Uhr)
[10] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_von_Schleswig-Holstein-Gottorf (17.4.2023, 18.25 Uhr)
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_von_Schleswig-Holstein-Gottorf (17.4.2023, 18.25 Uhr)
[13] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[14] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[15] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[16] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[17] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[18] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[19] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/52/Contades.jpg (17.4.2023, 00.13 Uhr)
[20] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[21] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[22] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (15.4.2023, 21.28 Uhr)
[23] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[24] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png (16.4.2023, 17.20 Uhr)
[25] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[26] https://de.wikipedia.org/wiki/Gürath (16.4.2023, 18.02 Uhr)
[27] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Gut_Nanderath (16.4.2023, 17.39 Uhr)
[29] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[30] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (15.4.2023, 21.28 Uhr)
[31] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[32] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[33] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)

Den Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges in Grevenbroich ein Gesicht geben…

Seit der Gründung des „Netzwerkes Kriegstote“ im Herbst 2020 recherchieren der „Geschichtsverein Grevenbroich und Umgebung e. V.“ und der Verein „Luftschutzanlagen Rhein Kreis Neuss e. V.“ intensiv zu den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges und den Schicksalen der Kriegstoten rund um Grevenbroich.

Quelle: © Stefan Faßbender, Sammlung Grevenbroicher Kriegstote

Dazu erscheinen immer wieder kurze Veröffentlichungen über Schicksale einzelner Kriegstoter und Ereignisse, die nicht in dem gemeinsamen Buch „Grevenbroich – Der Zweite Weltkrieg in Auszügen aus den Schulchroniken“ dargestellt wurden.

Bisher wurden für das heutige Gebiet der Stadt Grevenbroich über 2.000 Kriegstote von Stefan Faßbender erfasst und dokumentiert. Dazu wurden seit November 2020 unter anderem mehr als 43.500 Urkunden aus den Geburts-, Heirats- und Sterberegistern zwischen 1900 und 1992 ausgewertet, bei denen die Datenschutzfristen abgelaufen sind. Die gesammelten Daten wurden unter anderem durch Informationen aus Schulchroniken, Kirchenbüchern, Pfarrchroniken und verschiedenen öffentlich zugänglichen Datenbanken ergänzt.

Quelle: © Stefan Faßbender, Sammlung Grevenbroicher Kriegstote

In die Sammlung wurden alle Personen aufgenommen, die in Grevenbroich geboren wurden, geheiratet, gewohnt haben oder gestorben sind. Dabei wird ausdrücklich aller Kriegsopfer gedacht, der gefallenen und vermissten Soldaten aller Nationen, der Zivilbevölkerung, der Zwangsarbeiter und der Opfer des Holocaust.

Diese einzigartige und beeindruckende Sammlung von Kriegstoten wird nun dem Stadtarchiv Grevenbroich als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, um auch interessierten Grevenbroicherinnen und Grevenbroichern die Möglichkeit zu geben, nach ihren eigenen Vorfahren und deren Schicksalen zu forschen. Die Übergabe erfolgt in Form einer Loseblattsammlung, so dass Ergänzungen, Korrekturen etc. jederzeit zeitnah vorgenommen werden können.

Foto: © Christian Kandzorra

Um diesen Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges ein Gesicht zu geben, wurden zu diesem Zweck auch Totenzettel und Fotos der Opfer gesammelt. 387 Datensätze konnten bisher mit einem Bild des Verstorbenen ergänzt werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Bilder von gefallenen Soldaten und nur wenige Bilder von verstorbenen Zivilisten.

Um diese Sammlung weiter zu vervollständigen, bittet Stefan Faßbender die Grevenbroicher Bürgerinnen und Bürger, weitere Bilder und/oder Totenzettel von Kriegstoten, die den oben genannten Kriterien entsprechen, zur Verfügung zu stellen. Diese müssen nicht im Original „abgegeben“ werden, sondern werden nach einer Digitalisierung wieder an die Eigentümer zurückgegeben.

Stefan Faßbender für das Netzwerk Grevenbroicher Kriegstote, 2024

Als man vor 100 Jahren den Karneval im Rheinland verbot!

Mit der Besetzung des Rheinlandes nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1918 verhängten die Besatzungsmächte mit dem Hinweis auf den „Ernst der Lage“ ein Karnevalsverbot. Erst 1925 wurde dieses Verbot zumindest für öffentliche Sitzungen und Maskenbälle aufgehoben. Das närrische Treiben auf den Straßen blieb aber weiterhin verboten wie nachfolgende Veröffentlichung vom 10. Februar 1925 zeigt.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 17, Seite 4 vom 10. Februar 1925

„§ 1. Die Veranstaltungen öffentlicher karnevalistischer Umzüge und sonstige karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie die Teilnahme und die Aufforderung zur Teilnahme an denselben sind verboten.“

 „§ 2. Verboten ist auf öffentlichen Straßen und Plätzen: 1) das Tragen karnevalistischer Verkleidungen oder Abzeichen jeder Art; 2) das Singen, Spielen und Vortragen karnevalistischer Lieder, Gedichte und Vorträge; 3) das Werfen von Luftschlangen, Konfetti und dergl.;“

Wie sehr sich die Grevenbroicher das närrische Treiben wohl zurück wünschten, zeigen die vielen Anzeigen zu den verschiedenen Feierlichkeiten, die bereits kurz nach Aufhebung des Verbots in der Grevenbroicher Zeitung erfolgten. Fast jedes Dorf und jede Gaststätte mit einem Saal lud zu einer Veranstaltung in den Jahren 1925 und 1926 ein.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 4 vom 14. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 4 vom 14. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 22, Seite 4 vom 21. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 3 vom 13. Februar 1926

Im Jahr 1928 wurden dann auch wieder öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel erlaubt.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 12 vom 28. Januar 1928

„§ 1. Öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sind in kreisangehörigen Gemeinden nur mit Genehmigung des Landrats, in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörden zulässig.“

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 4 vom 28. Januar 1928
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 4 vom 28. Januar 1928

Bereits zwei Jahre vor der Machtergreifung verbot Hitler den Parteiorganisationen jegliche Karnevalsveranstaltungen.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 11, Seite 2 vom 24. Januar 1931

„Hitler verbietet Bälle usw.

München, 22. Jan. Im „Völkischen Beobachter“ ist die folgende Verfügung Adolf Hitlers vom 20. Januar enthalten: Im Hinblick auf die allgemeine Notlage verbiete ich mit sofortiger Wirkung allen Parteiorganisationen karnevalistisches Treiben, Bälle usw. zu veranstalten, oder sich an derartigen Veranstaltungen zu beteiligen. Wo bereits solche Veranstaltungen angesetzt sind, steht es frei, diese in solche Abende, die von nationalsozialistischem Geist getragen sind, umzugestalten.“

Mit der Machtübernahme im Jahr 1933 wandelte sich diese Einstellung jedoch schlagartig, denn die Nationalsozialisten erkannten, den Karneval als Propagandamittel für ihre eigenen Zwecke nutzen zu können. Durch die Übernahme der Organisation von Sitzungen und Umzügen gelang es ihnen immer mehr den Karneval zu steuern. 1936 hatte Grevenbroich zahlreiche Veranstaltungen zu Karneval zu bieten.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 31, Seite 7 vom 22. Februar 1936
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 31, Seite 8 vom 22. Februar 1936

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

Amtshilfe im Jahr 1939

Ein Fundstück aus dem Stadtarchiv Grevenbroich…

Hatte die Witwe bereits einen „schlechten“ Ruf?

Oder standen damals alle Antragssteller*innen unter Generalverdacht übermäßige Portionen anzubieten, Skat um Pfennige zu erlauben oder gar „ausschweifende“ Tanzveranstaltungen zu feiern?

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2008

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023